Ein großer Macher ist gegangen
Detlev Freutel war für uns ein Glücksfall. Das Berliner Taxigewerbe hat, wenn man auf die letzten Jahrzehnte zurückblickt, mehr problematische als ruhige Zeiten. Wenn die Probleme überhand nehmen, arrangieren sich viele Menschen mit ihnen, suchen nach jemandem, der die Probleme für sie löst oder ducken sich weg.
Detlev hat sich nie weggeduckt. Er hat nicht auf andere gewartet. Er hat die Probleme oft schon in der Entstehungsphase erkannt und beim Namen genannt, nicht schönreden lassen.
Wenn man im Berliner Taxigewerbe auch nicht lange nach Problemen zu suchen braucht, so muss man umso länger nach Lösungen suchen. Das Gewerbe musste sich für die gute Sache Gehör verschaffen – Detlev Freutel erarbeitete Kontakte zur Presse und wurde zum geschätzten Ansprechpartner, zu einem öffentlich bekannten Gesicht des Gewerbes, zu einem, der sich nicht lauthals, sondern überlegt und pragmatisch äußert.
Es mussten Mitstreiter gefunden werden – Detlev fand sie im Unternehmerverband. Behörden mussten um Abhilfe ersucht werden – Detlev führte diskrete Gespräche mit den Verantwortlichen. Als die Schönrechnerei einiger Taxibetriebe nach der Jahrtausendwende unerträglich zunahm, musste ein Mittel gefunden werden – Detlev nahm Kontakt zu Dirk Ritter in Hamburg auf, entdeckte Bemühungen der Finanzbehörden, die Umsätze unmanipulierbar aufzuzeichnen und stellte gegen große Widerstände den Fiskaltaxameter für Berlin auf die Beine. Die ehrlich arbeitenden Betriebe sollten nicht länger benachteiligt werden und die Steuereinnahmen seines geliebten Berlins sollten öffentlichen Investitionen wie Schulen und mehr Personal in Behörden zugute kommen.
Vieles, was unmöglich schien, hat Detlev mit viel Ausdauer ermöglicht. Bei allen Auseinandersetzungen kamen für ihn nur rechtsstaatliche Lösungen in Frage. Illegale oder gewalttätige Methoden hat er immer verabscheut.
Auf dem Weg zu mehr Gerechtigkeit stellten sich ihm viele in den Weg. Es gab Kollegen, die ihn unterstützten, aber auch solche, die ihm Gesprächsbereitschaft heuchelten und hinter seinem Rücken seine Pläne durchkreuzten. Wenn er seine Enttäuschung darüber ausdrückte und seine Stimme immer wieder gegen die erhob, die das Gewerbe in Verruf brachten, wurde ihm das zuweilen als Arroganz ausgelegt. Er nahm das hin. Jenen Menschen aber, die er von seinen Plänen überzeugen wollte und die wie er nach Lösungen suchten, widmete er viel Zeit, immer und immer wieder.
Dabei hat er nie Hilfestellungen von außen verlangt, ohne Selbsthilfe zu propagieren. Mitunter drückte der Schuh an mehreren Stellen, und Detlev Freutel behob das mit einem einzigen Projekt. Zwei seiner großen Anliegen, für die er leidenschaftlich arbeitete, waren die Bekämpfung der Schwarzarbeit und die Einführung der bargeldlosen Zahlung. Hier sorgte er dafür, dass ein Rückstand des Taxigewerbes gegenüber der Konkurrenz aufgeholt wurde, und erschwerte gleichzeitig den unlauteren Wettbewerb. Die Qualitätsoffensive für besseren Service im Taxi konzipierte er erfolgreich mit der Funkgesellschaft und ließ sich die persönliche Durchführung nicht nehmen. Bei der Ortskundeprüfung achtete er strikt auf Qualität und Unbestechlichkeit. Wer dagegen verstieß, flog raus. Überhaupt mochte er keine Menschen, die ihre Aufgaben unprofessionell erledigten.
Für mich persönlich endet eine langjährige, vertrauensvolle Zusammenarbeit. Wenn unsere gemeinsame Arbeit mal Zeit für Privates ließ, unterhielten wir uns über das Kochen und tauschten Erfahrungen aus. Erfreuliches wollte er immer teilen. Wenn ihm ein Essen in seiner Küche gut gelungen war, ließ er die Vorstandskollegen zumindest per Foto daran teilhaben. Er war versiert mit seinen vielen Gewürzen, ich eher weniger. Auf langen Spaziergängen durch den Tiergarten bat ich ihn schmunzelnd immer wieder, mir die Löwenbrücke zu zeigen, die ich als Kind so gerne beschritten hatte. Er tat jedes Mal so, als würde er mir die Brücke zum ersten Mal zeigen. Gemeinsam über kleine Albernheiten zu schmunzeln, kann eine Zusammenarbeit sehr schön und menschlich machen.
Als unser Kollege Dirk Schütte aus Hamburg seine erfolgreiche Arbeit für ein besseres Taxigewerbe vor einigen Jahren jäh unterbrechen musste, weil er schwer erkrankt im Krankenhaus lag, rief Detlev mich morgens an und sagte, wir fahren nach Hamburg, um ihm Mut zu machen. Mittags waren wir bei ihm, redeten ihm etwas von seinen Sorgen aus und fuhren später mit gutem Gefühl zurück nach Berlin. Detlev half gerne.
Oft erzählte Detlev mir auch von seinen Reisen nach Asien und Afrika. Das war sein zweites großes Hobby. Ihn begeisterten die vielen unterschiedlichen Kulturen, die er dabei kennenlernte. Er hatte seine Reisen immer gut geplant und sich darauf gefreut.
Die letzte Reise war nicht geplant. Es ging alles viel zu schnell und hat uns traurig zurückgelassen. Falls Detlev im Himmel sieht, dass sein Lebenswerk hier unten gewürdigt wird, schmunzelt er wahrscheinlich etwas verlegen ob der Wertschätzung, von der er zu Lebzeiten mehr verdient hätte, freut sich kurz und geht dann bescheiden wieder zur himmlischen Tagesordnung über. Vielleicht würzt er gerade mit unserem Freund Dirk Schütte ein gemeinsames Festmahl.
Lieber Detlev, wir werden Dein Lebenswerk fortsetzen. Ruhe Du in Frieden!
Boto Töpfer
für den Vorstand des Taxi Verbands Berlin, Brandenburg e. V.